Den richtigen Markennamen für ein Produkt oder auch ein Unternehmen zu finden ist ein spannender Prozess. Vor einiger Zeit durfte ich hautnah miterleben, wie ein Unternehmen darüber nachdachte, den Markennamen eines seiner Produkte zu ändern. Spoiler: Der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Aber alleine bis zum jetzigen Punkt ist es eine Story wert!
Die Ausgangssituation
Die Ausgangssituation ist denkbar einfach: Der Markenname wurde ursprünglich auf das konkrete Bedürfnis einer sehr speziellen Zielgruppe entwickelt. Nach einigen Jahren kam es, wie es kommen musste: Die Zielgruppe hat sich erweitert und ihr Bedarf hat sich weiterentwickelt. Es wurden Stimmen der Kunden laut, dass man sich mit dem Namen nicht mehr so richtig identifizieren könne. Also reagiert man intern und überlegte, ob man nicht einen passenderen Namen finden könnte – „den richtigen Markennamen“.
Aber wie findet man den passenden Markennamen? Wie findet man die berühmte „Nadel im Heuhaufen“?
Die Suche nach dem richtigen Markennamen
Die Suche sah so aus, dass man in verschiedenen Runden mit verschiedenen Personen und Abteilungen Brainstormings veranstaltete. Dieser Prozess war kaum strukturiert und zog sich dementsprechend kaugummiartig über mehrere Monate an. Dabei kam eine große Zahl an Vorschlägen heraus und die Hoffnung war dabei DEN EINEN NAMEN zu finden, bei dem alle spontan in die Hände klatschen und Juchu rufen.
Natürlich kam es anders: Bis heute konnte man sich – trotz einer unfassbar großen Auswahl an Varianten – auf keinen Markennamen einigen. Suprise! Es gab wider Erwarten nicht den einen Namen, der alle überzeugt hat. Am Ende blieb immer die Unsicherheit, welcher Name denn nun der wirklich passende sei. So richtig hat es einfach nicht gezündet.
Alles in allem eine extrem unbefriedigende Situation:
- Der aktuelle Name ist nicht mehr zukunftstauglich.
- Viel Energie von zahlreichen Personen ist bereits in die Namensfindung geflossen.
- Trotzdem gibt es kein befriedigendes Ergebnis und es ist aktuell auch nicht in Sicht.
- (Eigentlich war schon bei der Wahl des ursprünglichen Namens absehbar, dass er nur zeitlich begrenzt einsetzbar ist.)
Wie es besser klappen kann
Woran lag es nun, dass trotz intensiver Suche kein passender Markenname gefunden ist? Dass trotz vieler Vorschläge das gute Gefühl bei der Auswahl fehlt? Zu wenig Vorschläge?
Eine gute Idee lässt sich nicht erzwingen. Aber es gibt Möglichkeiten die Rahmenbedingungen und den Prozess so zu organisieren, dass sehr gute Chancen auf ein richtiges gutes Ergebnis bestehen. Die folgenden Tipps helfen dabei:
1. Verantwortung für Prozess festlegen
Wer ist für den Prozess verantwortlich, wer ist eingebunden? Wer entscheidet am Ende über das Ergebnis? Nur die Mitarbeitenden im Bereich Kommunikation? Oder auch der Bereichsleiter? Oder vielleicht auch spezielle Fachabteilungen, die Zugang zu den Kunden haben?
Das sollte zu Beginn eines Naming-Prozesses für alle Beteiligten klar sein. Ansonsten führt das zu einem hin- und herschieben von Ideen und Nicht-Entscheidungen, aber nie zu einem Ergebnis.
2. Vorgehen & Rahmen festlegen
Kreative Prozesse neigen dazu auszuufern, wenn sie keine Struktur haben. Deswegen ist es hilfreich ein Zeitfenster für den Prozess festzulegen und einzelne Schritte zu definieren. Das könnte z.B. so aussehen:
- Alle Beteiligten ins Boot holen und Vorgehen abstimmen
- strategische Überlegungen: Was ist das Problem (am aktuellen Markennamen) und was soll der zukünftige können? Gibt es ggf. ein Budget, um den Wechsel des Namens umzusetzen und nach außen zu kommunizieren?
- Kreativphase und Ideengenerierung
- Abgleich mit Kriterien und engere Auswahl
- Finale Auswahl mit allen Beteiligten
- Umsetzung
Das ist natürlich nur ein Grobraster, ggf. sollten noch eine markenrechtliche Prüfung, Testing u.a. berücksichtigt werden.
3. Kriterien für den Markennamen definieren
Für die Auswahl eines Markennamens sollte es vorher festgelegte Kriterien geben, die der Name erfüllen muss. Was soll der zukünftige Name überhaupt leisten? Ein Kriterienkatalog hilft ungemein bei der Auswahl bzw. Eingrenzung von Ideen. Er bietet eine Art Leitplanke und verhindert, dass die Diskussion ausschließlich auf einer persönlichen Geschmacksebene geführt wird.
Kriterien können z.B. sein: nur deutsche Begriffe, domainfähig, auf lange Sicht einsetzbar, keine zusammengesetzten Wörter, spielerische Tonalität usw.
Brainstormings in willkürlichen Konstellationen führen gerne dazu, dass man über die Ideensammlung nicht hinauskommt. Dann wird ausschließlich aus dem Bauchgefühl heraus diskutiert. Bauchgefühl ist an sich ein sehr gutes Instrument und sollte immer berücksichtigt werden. Aber es sollte nicht das einzige bleiben!
4. Externe oder interne Kompetenz
Sagen wir mal so: in vielen Fällen hätten sich Unternehmen den Prozess deutlich vereinfachen und das Ergebnis optimieren können, wenn sie eine externe Beratung dazu geholt hätten. Je nach dem, was an Marketingkompetenz vorhanden ist, kann ein Markenname durchaus intern entwickelt werden. Wenn der Prozess intern umgesetzt wird, sollte es mindestens einen Verantwortlichen geben, der sich um den Prozess kümmert, siehe Punkt 1.
Es liegt nahe darauf zu vertrauen, dass man intern eine Lösung für das „Namensproblem“ findet und zu einem schnellen Ergebnis kommt. Dabei wird unterschätzt, dass das Finden und die Einführung eines Namens nicht ganz trivial ist – zumindest, wenn man nicht in die gleiche oder eine ähnliche Falle tappen möchte, wie im eingangs genannten Beispiel. Mein Eindruck ist, dass Unternehmen sich den Prozess deutlich einfacher und das Ergebnis besser machen können, wenn sie sich bei solchen Prozessen fachliche Begleitung ins Boot holen.
5. Brainstorming als einziges Instrument
Ich muss gestehen, ich mag Brainstromings immer weniger, denn sie sind häufig verschwendete Zeit. Dabei liegt das gar nicht an der Methode selbst, sondern daran, dass sie falsch eingesetzt wird.
Brainstorming wird als universelles Heilmittel für alle Probleme gesehen. Frei nach dem Motto: je mehr Ideen und je mehr Beteiligte, desto besser. Und Brainstormings sind bequem, denn die Verantwortung für das Ergebnis liegt im Zweifelsfall immer bei der Gruppe. Als Einzelner kann man sich also gut zurückziehen.
Richtig eingesetzt, können sie durchaus hilfreich sein. Nur meistens werden sie aus Verlegenheit eingesetzt und es wird darauf vertraut, dass allein die Masse an Menschen ein Garant für gute Ergebnisse ist. Das ist Bullshit! Wie man in diesem Fall wunderbar sehen kann: die pure Masse an Ergebnissen hat überhaupt nicht weitergeholfen.
Am Ende geht es um die EINE gute und passende Idee! Brainstorming kann im besten Fall viele Ideen generieren. (Ob die deswegen auch gut sind, sei mal dahingestellt.) Es kann auch dabei helfen alle Beteiligten auf das gleiche Level zu bringen und in den Prozess einzubinden. Allerdings sollte es mindestens einen Plan geben, wie mit den Ergebnissen eines Brainstormings weitergearbeitet wird und wie aus der Masse an Ideen die richtige gefunden wird. Wer mehr zur Ideengenerierung wissen möchte, sollte auf Twitter Lutz Lungershausen folgen oder gleich sein Buch kaufen, das ganz hervorragend sein soll. 🙂
6. Veränderung braucht Gewöhnung
Die Erwartung „plötzlich den einen, richtigen Namen“ zu finden ist in vielen Fällen überhöht. Wenn es so klappt, dass plötzlich der eine, richtige Name da ist: Glückwunsch! Wenn nicht: keine Panik! Ein neuer Name ist immer erstmal ungewohnt. Es fehlt noch das Vertrauen und es braucht eine gewisse Zeit, bis man sich an ihn gewöhnt hat.
Die Gefahr im unstrukturierten Prozess ist, dass dann spontan auf die anderen Varianten zurückgegriffen wird. Mit diesen hat man jedoch u.U. das gleiche Problem: Sie zünden nicht auf Anhieb und die Unsicherheit bleibt.
Daher der Tipp: Ist der (vermeintlich) passende Markenname gefunden, der den formulierten Kriterien entspricht, sollte man ihn eine Weile sacken lassen. Wie fühlt sich der Name nach 1-2 Tagen oder auch Wochen an? Verändert sich etwas in der Wahrnehmung?
Je mehr Namen noch im Rennen sind, desto schwieriger ist dieser Schritt. Mit einer großen Auswahl aus einem Brainstorming ist er sogar unmöglich. Dieser Schritt sollte daher mit 1-3 Namen durchgeführt werden, die es bereits in die engere Auswahl geschafft haben.
Fazit: Planung wirkt Wunder
Ob neuer Name oder Namenswechsel, den passenden Markennamen zu finden, kann ein spannender Ritt werden. Die genannten Tipps helfen dabei, dass das Ergebnis gut wird und der Prozess Spaß macht. Denn wer hat schon Lust auf Kaugummi-Prozesse mit schlechtem Ausgang? Ein wenig Planung kann hier Wunder wirken! Los geht´s!
Foto: Stoycho Stoychev / Bigstock.com